"Malen ist für mich immer ein Versenken."
Gabriele Bieck ist Leiterin der Malschule Malkasten.
Als Zeichenlehrerin eröffnet Gabriele Bieck Kindern und Jugendlichen einen kreativen Einblick in die Welt der Kunst. Dabei nutzt sie sowohl Farben als auch Ton, Pappmaché und andere plastische Materialien. Die Freude am Gestalten ist ihr dabei am wichtigsten. Die ausgebildete Theaterplastikerin malt selbst leidenschaftlich, bevorzugt Naturmotive und Tiere.
In ihrer aktuellen Bildserie beschäftigt sie sich jedoch mit Tunnelansichten.
Bist du eine waschechte Wuppertalerin?
Gabriele Bieck: Ja, hier geboren, aufgewachsen und hängengeblieben. Wuppertal ist in vielerlei Hinsicht meine Heimat. Früher war es immer ein Wunsch, mal woanders zu leben, aber es hat sich nicht ergeben. Und jetzt fühlt es sich auch gut an. Da mein Mann in Kassel arbeitet, verbringe ich an den Wochenenden auch dort viel Zeit.
Du fühlst dich also wohl hier?
Ich mag Wuppertal und lebe gerne hier. Heimat ist für mich nicht nur eine Stadt, sondern immer verknüpft mit nahen Menschen, Erinnerungen und sicherer Vertrautheit. Mit der Malschule habe ich nicht nur einen beruflichen Mittelpunkt gefunden ... Der Ort ist eher zweitrangig.
Anfangs hast du noch Kunstgeschichte studiert?
Ich hatte nach dem Abitur zunächst keine Idee für eine berufliche Richtung, wollte aber, inspiriert von meinen älteren Geschwistern, unbedingt studieren. Und da Kunst in der Schule schon immer eines meiner Lieblingsfächer war, lag Kunstgeschichte relativ nah. Bis zum Ende des Grundstudiums habe ich das auch sehr ernsthaft betrieben, aber ausgefüllt hat es mich nicht. Zu viel Theorie, zu wenig Praxis. Ich muss immer etwas unter den Fingern haben und rumwerkeln. Bei einer weiteren Berufsberatung bin ich auf die Bühnenberufe gestoßen. Und bei den Wuppertaler Bühnen habe ich dann ein Praktikum gemacht und mit etwas Wartezeit dann eine Ausbildung als Theaterplastiker absolviert. Endlich angekommen. Es war wirklich eine super Ausbildung und eine tolle Zeit, aber es gibt leider nicht so viele feste Stellen in diesem Bereich. Und so habe ich dann sehr lange als Freiberufler gearbeitet. Für den direkten Kunden, Messebau und Fotografen. Von Kostümbau über Messedummies bis hin zu Dekoaufbauten im Fotostudio war alles dabei. In den letzten Jahren meiner freiberuflichen Tätigkeit war ich sehr arbeitsintensiv für ein Messebauunternehmen beschäftigt. Ich bin durch die hohe Arbeitsbelastung körperlich an Grenzen gestoßen, wollte mehr selbst bestimmbare Regelmäßigkeit.
"Der Kontakt zu den Kindern ist sowieso toll, weil Kinder ja unglaublich kreativ und direkt sind."
Ich habe mich also ein wenig umorientiert und versucht im kreativen Bereich zu bleiben, aber gleichzeitig freier, planbarer und reicher an menschlichen Kontakten zu arbeiten. Nachdem ich bei diversen Malschulen mitgearbeitet habe, war ich zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Frau Rudau, meine Vorgängerin, hat eine Nachfolgerin für die Malschule Malkasten gesucht. Nach einem halben Jahr Mitarbeit habe ich im März 2009 die Malschule übernommen. Das erste Jahr war für mich sehr anstrengend, weil es etwas komplett Neues war. Permanent präsent zu sein und konzentriert auf die einzelnen Fragen Lösungsmöglichkeiten anzubieten, musste ich erst lernen. Mittlerweile halten sich Routine und Spannung relativ ausgewogen die Waage. Und das tut mir einfach gut, denn es bleibt spannend und durch die Kunst erlebe ich wunderbare Kontakte zu Menschen. Der Kontakt zu den Kindern ist sowieso toll, weil Kinder ja unglaublich kreativ und direkt sind. Sie beleben durch ihre unbändige Fantasie und machen einen auch selber angstfreier, finde ich.
Hast du selber Kinder?
Nein.
Und die Kurse, die du gibst, richten sich hauptsächlich an Kinder?
An Kinder, an Jugendliche, aber auch an Erwachsene. Ich habe sechs Kindergruppen in unterschiedlichen Altersstufen, wobei eine von den zwei ältesten Gruppen jetzt gestrichen ist, weil sie gerade alle Abi gemacht haben. Die sind jetzt weg. Nach acht Jahren ist es nicht einfach sie loszulassen. Und jetzt muss ich diesen Zyklus wieder aufbauen. Aufgrund des verkürzten Abis ist es schwierig, Kinder ab vierzehn Jahren überhaupt noch als Kunden zu gewinnen. Bei den jüngeren Kindern ist die Nachfrage gut, vielleicht bleiben ja einige von ihnen ähnlich lange. Es ist immer etwas Besonderes, Teil ihrer Entwicklung zu sein.
Ein Vierzig-Stunden-Job ist das dann hier also nicht?
Wenn auch die angebotenen Workshops stattfinden schon. Bei einer „normalen“ Woche nicht. Allerdings darf man nicht nur die Zeit zählen, in der ich Unterricht gebe. Ich muss ja auch die Zeit kalkulieren, wöchentliche Unterrichtsthemen und Workshops thematisch und materialmäßig vorzubereiten und mich selber weiterzubilden. Ich nutze die Räumlichkeiten hier aber auch als Atelier, also für meine eigene Malerei.
Kannst du denn beruflich davon leben? Finanzierst du dich alleine durch die Malschule?
Ich versuche es, aber alleine wäre es sehr schwierig. Wenn der Job stimmt, kann ich mich gut aufs Wesentliche beschränken. Seit einem halben Jahr unterstütze ich Schmerzpatienten bei einer Gestaltungstherapie auf ihrem kreativen Weg zur Entspannung. Durch den großen Kinderanteil bin ich abhängig von einer sehr guten Verkehrsanbindung. Ateliergemeinschaften, die oft günstiger sind, liegen oft etwas außerhalb. Kennt Ihr die Königsberger Höfe?
Sicher, dort haben wir heute noch einen Termin.
Dort ist es schön, weil viele unterschiedliche Künstler konzentriert sind. Im Idealfall sind ein künstlerischer Austausch und Ideen für gemeinsame Aktionen möglich. Das vermisse ich hier manchmal ein bisschen. Aber für die Malschule ist es von der Lage hier sehr gut.
Durch die Bahnhofsnähe ist das hier schon sehr gut, finde ich.
Ja, das stimmt. Kurze Wege, Schwebebahn und Bus direkt um die Ecke.
Und wie sieht es mit deinen eigenen Bildern aus? Hier hängen ja einige Serien von dir.
Ja, hier sieht man zum Beispiel meine Tunnelbilder. An denen habe ich in letzter Zeit gearbeitet. Diese Mischung aus Beklemmung und strenger Ästhetik durch Licht und Farbigkeit fand ich spannend. Da werden auch noch einige dazukommen.
Was sind so deine Themen?
Ich nehme oft aus dem Urlaub oder wenn ich einfach mal woanders bin, Ideen und Anregungen mit. Ich fotografiere auch sehr viel, wenn auch nicht professionell. Ich habe eine kleine Digitalkamera, aber das reicht mir oft, weil ich die Fotos nur als Erinnerung benutze, um danach zu malen. Ich brauche keine First-Class-Fotos. Aber ich experimentiere da auch sehr viel und versuche, das dann hinterher malerisch umzusetzen. In Borkum, in meinem letzten Urlaub, sind so auch einige Bilder entstanden, bei denen ich richtig Lust habe, loszulegen.
Verkaufst du deine Bilder auch?
Meine erste eigene Ausstellung war für mich ein Wagnis und glücklicherweise habe ich dabei auch einige Bilder verkauft. Ich trenne mich gerne, aber es ist nicht einfach.
Nimmst du denn auch an Ausstellungen teil?
Ja, aber nicht in der notwendigen Regelmäßigkeit. Weil ich ja auch Ausstellungen für die Malschule organisieren muss. Das ist immer sehr aufwendig. Ich habe vor zwei Jahren eine große Aktion beim „Langen Tisch“ geplant, das ist ein Stadtfest hier in Wuppertal, das alle fünf Jahre stattfindet. Daran habe ich auch teilgenommen und ein sehr großes Wuppertalgemälde vorbereitet, aus 90 einzelnen Leinwänden. Mit den älteren Malschülern habe ich in wochenlanger Projektarbeit eine einzigartige Wuppertalcollage entworfen. Verschiedene Sehenswürdigkeiten, Bauwerke, Plätze und bekannte Firmen waren zu entdecken. Während des Stadtfestes sollten alle malbegeisterten Wuppertaler die vorgezeichneten Lein-wände ausmalen. Nach der Fertigstellung sollte dieses sehr individuelle Wuppertalgemälde zugunsten von „Kindertal“ versteigert werden. Ich war von dieser Idee so begeistert, dass ich mich voller Elan in die Planung gestürzt habe.
Ich habe jedoch zwei Dinge dabei gelernt: Verlasse dich nicht auf die zugesagte Unterstützung dieses Projekts (Radio Wuppertal, Wuppertal Marketing etc.), wenn Arbeit damit verbunden ist, und beginne erst mit der Umsetzung von einer Idee, wenn genügend Sponsoren und Helfer gefunden sind. Nach der Fertigstellung aller
90 Leinwände und einem halben Jahr Marketingarbeit für einen erfolgreichen Abschluss dieses Projektes, ist alles noch gut geworden. Aber es hat viel Energie gekostet.
Ist das Wuppertalgemälde denn letztendlich verkauft worden?
Es wurde dann nicht versteigert, sondern an die Barmer GEK verkauft. Der Erlös ging wie geplant an „Kindertal“. Dort ist es in der Elberfelder Filiale im Schaufenster ausgestellt. Es ist schön, dass es einen öffentlichen Platz bekommen hat.
Das mit dem langen Tisch ist aber grundsätzlich eine interessante Idee.
Ja, das finde ich auch. Es gibt viele private Initiativen, Vereine und Veranstaltungen. Es ist sehr leicht, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Die Atmosphäre ist wunderbar leicht. Allerdings war das Wetter beim letzten Mal nicht so schön, aber davon lassen sich Wuppertaler ja nicht abschrecken.
"Bilder haben ja auch ein Eigenleben. Man hat manchmal Ideen, die man umsetzen möchte und dann passiert auf einmal etwas ganz anderes."
Neben der Malschule kommen deine eigenen Arbeiten zu kurz. Ist die Arbeit mit den Kindern für dich Erfüllung genug?
Die Kombination von beidem ist perfekt für mich. Malen und Experimentieren ist für mich eine aufregende Form der Entspannung. Es ist immer ein Versenken. Ein sehr emotionaler Dialog mit mir selbst. Das hilft gegen alles! Und eigentlich interessiert mich auch nur der Malprozess oder die Dauer, die so ein Bild braucht. Und wenn das dann abgeschlossen ist, dann ist auch das Bild für mich abgeschlossen. Das wird dann nicht uninteressant für mich, es muss dauerhaft Bestand haben, aber spannend ist eigentlich nur die Zeit während des Malens. Was passiert da mit einem? Was macht das Bild mit einem? Bilder haben ja auch ein Eigenleben. Man hat manchmal Ideen, die man umsetzen möchte und dann passiert auf einmal etwas ganz anderes. Das finde ich einfach auf- und anregend.
Es ist ja sicherlich auch spannend, so einen Prozess bei den Kindern hier mitzuerleben.
Bei den Älteren ja. Bei den Kleinen natürlich noch nicht. Weil sie in dem Alter noch gar nicht diese Geduld haben. Bei den kleineren Kindern ist es ja auch so, dass sie ihre Bilder nie in Frage stellen. Sie haben eine Idee, setzen es um und finden das toll. (lacht) So ist eigentlich der normale Weg. Es gibt zwar auch manchmal Unzufriedenheiten, aber nicht so, wie bei Erwachsenen und Jugendlichen. Es fängt erst ab einem Alter von Dreizehn oder Vierzehn an, dass sie kritischer darauf gucken. Dann fragen sie sich: Warum kriege ich das nicht hin? Da fehlt dann meist noch die Geduld.
Und was machen die Erwachsenengruppen hier?
Das ist vielschichtig. Ich habe eine Erwachsenengruppe am Dienstagvormittag. Da machen wir sehr unterschiedliche Sachen. Es wird mit verschiedenen Farben und Stilen gemalt, gedruckt und auch plastisch gearbeitet. Ich schlage meist ein Thema vor, aber ich gehe auch gerne auf Wünsche ein. Ansonsten biete ich immer Workshops zu unterschiedlichen Themen an. Dazu habe ich jeden Donnerstagabend von halb acht bis zehn noch „offenes Atelier“. Für alle Kunstbegeisterten mit eigenen Ideen. Ich helfe dann beim Umsetzen, wenn das gewünscht ist, aber halte mich da mit der Themenvorgabe zurück.
Unterrichtest du dann eher Malerei oder auch plastisches Gestalten?
Kunst ist so facettenreich. Ich versuche allen Teilnehmern möglichst viele Techniken nahezubringen. Der Schwerpunkt liegt eindeutig beim Zeichnen und der Malerei. Plastisch wird natürlich auch gearbeitet. Mit Ton, Pappmaché, Stein, Gips … und auch Abgusstechniken.
Da hast du mit deiner Ausbildung ja auch die besten Voraussetzungen.
Genau. Hier hängen auch noch Plastiken aus dieser Zeit. Da musste ich ja viele Übungsstücke anfertigen. Hier ist zum Beispiel ein ganz typisches Akanthusblatt. Das ist aus Styropor geschnitzt, mit einer speziellen Spachtelmasse überzogen und dann angemalt. Gerade in Bezug auf Materialimitationen habe ich sehr viel von den Theatermalern gelernt.
Bereust du es, den Weg des Theaterplastikers aufgegeben zu haben? Würdest du, heute gesehen, lieber in deinem Beruf arbeiten oder ist dein Weg eigentlich so verlaufen, wie es für dich am besten passt?
Nein, ich bereue es nicht, aber ich fand es schon sehr lange, sehr schade, dass ich den Beruf wegen Stellenmangel nicht ausüben konnte. Es ist einfach ein sehr interessanter, vielseitiger Job. Und ich habe ihn auch wirklich gerne gemacht. Angestellt zu sein, bedeutet natürlich auch immer eine Form der Sicherheit. Ich finde, je älter man wird, je mehr kommt dieser Sicherheitsfaktor dazu. Mit fünfundzwanzig oder mit dreißig war dieser Gedanke noch nicht so wichtig. Aber wenn man älter wird, überlegt man sich manchmal: Was ist, wenn ich mal krank werde oder nicht mehr arbeiten kann? Diese Frage wird dann einfach präsenter. Ich bin aber sehr glücklich, dass sich das mittlerweile so gefügt hat, dass ich mit der Malschule die Möglichkeit habe, sehr viele Interessen, die ich habe, so zu bündeln und auch auszuleben. Und zusätzlich auch noch Kontakt zu Menschen in allen Altersgruppen habe. Ich merke schon, dass mir das in Bezug auf Kommunikationsfähigkeit sehr gut tut. Man bleibt durch diese unterschiedlichen Anforderungen wach und flexibel. Ein schöner Nebeneffekt.
Im Nebenzimmer hast du auch eine Afrika-Serie mit Tiermotiven. Was interessiert dich so an Tieren?
Wir waren auch gestern wieder im Zoo, weil das Wetter so schön war. Ich finde Tiere toll. Es macht mir einfach Spaß, sie zu beobachten. Ihre Schönheit, die Sicherheit ihrer Instinkte fasziniert mich. Bei dieser Serie war es gar nicht so sehr das Thema Afrika, das mich gereizt hat. Ich wollte einfach mal großformatige Bilder malen, da ich vorher meist immer recht klein gemalt habe. Und da habe ich mir instinktiv so große Tiere ausgesucht. (lacht) Aber angefangen hat alles mit einem Affenbild, das ich genau im Kopf hatte. Es war gar nicht die Idee: Ich male jetzt mal Afrika oder Tiere aus der Savanne. Es ging eher darum, dass ich für mich reizvolle Fotos etwas gröber ins Malerische übersetzen wollte. Sie in ihrer unglaublichen Präsenz zu zeigen, ohne das Gefühl von Posen.
"Am Anfang war es sehr schwierig für mich, mich zu lösen und eigene Bildsprachen zu entwickeln."
Die Technik ist ja auch recht ungewöhnlich, man sieht hier überall Strukturen.
Strukturen ziehen sich durch viele meiner Bilder. Ich denke, das liegt auch an meiner Ausbildung, da ich mich ja auch beruflich sehr lange Zeit mit Strukturen beschäftigt habe. Und manchmal finde ich auch reine Strukturen sehr spannend. Da habe ich ganze Serien gemacht. Man malt sich ja auch im Laufe der Zeit frei. Für mich war es auch eine Art der Befreiung, da ich als Theaterplastikerin und auch später als Freiberufler, immer nur Kundenaufträge ausgeführt habe. Am Anfang war es sehr schwierig für mich, mich zu lösen und eigene Bildsprachen zu entwickeln. Aber da komme ich langsam hin, das ist ein andauernder Prozess. Eine der ersten Serien war die Umsetzung von Rindenstrukturen, die ich fotografiert habe. Ich sehe viele abstrakte Bilder in der Natur, an alten Hauswänden ... eigentlich überall. Die für mich nachhaltigsten halte ich fest.
Hast du noch bestimmte Ziele in deiner Malerei? Wo möchtest du da in fünf Jahren stehen?
Ich würde gerne einige Techniken wie zum Beispiel Radierung vertiefen. Keramisches Arbeiten ist auch so überraschend. Mehr Zeit, viele Dinge auszuprobieren und zu verfeinern, wäre schön. Ich versuche selbst Ausstellungen zu organisieren und zu verkaufen. Wenn meine eigene Kunst ein zusätzliches Standbein sein könnte, würde mich das sehr glücklich machen.
Als ich bei der letzten WOGA hier war, fand ich es interessant, dass man beim Hereinkommen gleich sah, welche Werke von dir waren und welche von deinen Schülern.
Sieht man das gleich?
Die Professionalität erkennt man natürlich schon raus. Frustriert das die Schüler nicht auch ein wenig?
Nein, gar nicht. Die Älteren lassen sich davon ermutigen. Es ist eher ein Ansporn für sie. Sie sagen dann: „Da möchte ich auch mal hinkommen.“ Und ich habe es auch nur ganz selten erlebt, dass die Kinder es furchtbar finden, weil sie etwas noch nicht können. Die gucken sich das schon alles sehr interessiert an, sowohl meine Bilder als auch die der Jugendlichen. Und sie registrieren dann auch die Entwicklungen und sind nachhaltig beeindruckt. Aber eine Entmutigung ist da eher nicht, sondern die Erkenntnis, dass sie noch ein wenig daran bleiben müssen, um dahin zu kommen.
Deine Baumbilder sind auch interessant, sie wirken auch wie reine Strukturen.
Ja, das sind aber Bäume. Wir waren im Herbst in der Eifel, haben viel fotografiert und gewollt unscharfe Wischbilder gemacht. Die Kamera wird beim Auslösen bewegt. Dabei wird das Gesamtbild abstrakter, die
Details verschwinden und man bekommt einen zusammengezogenen Bildeindruck. So ist eine ganze Serie entstanden, die dann auch im Laufe des Malens immer abstrakter geworden ist. Beim ersten Bild sieht man noch relativ viel Wald. Zuhause hängt noch eine Mittelstufe, bei der man noch einige Details erkennt und das letzte ist sehr abstrakt, man erkennt praktisch nur noch stammähnliche Farbverläufe. Die malerische Umsetzung von ausgesuchten Fotovorlagen ermöglicht eine Konzentration aufs Wesentliche. Es ist ein Ansporn, das herauszukitzeln.
Wie sieht es grundsätzlich mit der Malschule aus. Wünschst du dir da noch mehr Schüler oder kommst du da gut aus?
Neue Schüler in allen Altersgruppen sind immer gerne gesehen. Das ist ja auch saisonal bedingt, im Sommer sind es immer weniger als im Winter und Frühling. Erwachsene dauerhaft zu mobilisieren ist schwierig. Ich würde mir wünschen, dass bei vielen Erwachsenen die Angstschwelle sinkt, malen einfach mal auszuprobieren, um dann festzustellen, wie entspannend es sein kann, etwas Eigenes, sichtbar Schönes zu schaffen. Ich versuche aber neue Wege zu gehen, um die Malschule und die unterschiedlichen Angebote bekannt zu machen. Gerade zum Reinschnuppern ist das offene Atelier ideal.
Wie viel kostet denn dann so ein Abend?
Das kostet für die zweieinhalb Stunden zwanzig Euro. Das ist ja nicht übertrieben viel, daran liegt es nicht, glaube ich. Es ist eher Zeitnot, vielleicht auch Sorge vor Verpflichtungen. Malen hat in unserem Alltag nicht die höchste Priorität. Für mich wäre es natürlich schön, wenn man Menschen findet, die ihre Leidenschaft zur Malerei und zu ihrer Kreativität entdecken. Es ist wunderbar zu erleben, wenn sie das auch glücklich macht und sie nicht denken: „Jetzt habe ich drei Bilder gemalt, jetzt weiß ich nicht mehr wohin damit und höre wieder auf.“
Es ist ja auch sicher schön zu sehen, wie sich die anderen entwickeln und du lernst sicher auch etwas dabei, oder?
Ja, total! In diesem Dienstagvormittagskurs (das sind alles Frauen, die ich schon über Jahre hinweg kenne) entsteht natürlich auch viel mehr. Es entwickeln sich enge persönliche Kontakte und Freundschaften. Man tauscht sich über die Bilder und Ideen aus. Das gilt für mich genauso. Da kann auch ich sagen: „Hier komme ich nicht weiter. Helft mir mal.“ Das ist eine ehrliche Nähe, die sehr wertvoll für mich ist.
Und was motiviert dich grundsätzlich zum Malen?
In der Hinsicht brauche ich keine Motivation. Ich sehe permanent interessante Motive. Dinge, die für andere Leute uninteressant sein mögen, weil es nur etwas Kleines oder Unauffälliges ist. Habt Ihr schon mal auf die Spiegelbilder in Pfützen geachtet? Es ist unglaublich, was es dort zu entdecken gibt. Wie man all die gesehenen Bilder dann künstlerisch verarbeitet, ist der nächste, spannende Schritt. Welches Material wählt man? Arbeitet man intuitiv oder erfordert das Motiv planvolles Arbeiten? Die eigentliche Frage ist: Wann mache ich all das, was ich machen möchte?
Wie startest du in den Tag?
Mit einem Frühstück im Bett, sehr gemütlich. Ich bin kein Morgenmensch, sondern bekennender Nachtmensch. Ich brauche morgens auf jeden Fall Ruhe und einen langsamen Start in den Tag.
Wann starten die ersten Kurse?
Bis auf den Dienstagvormittag, an dem ich den Erwachsenenkurs gebe, starten die Kinderkurse alle erst am Nachmittag nach der Schule. Das kommt mir sehr entgegen. #
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