"Bei mir geht es oft um das Zufällige,

das sich ergibt."

 

Brigitte Schöpf geht mit dem Pinsel auf Reisen.

Die Innenarchitektin Brigitte Schöpf hat ihr Skizzenbuch in ständiger Bereitschaft. Die meisten ihrer Bilder und Zeichnungen entstehen unterwegs auf ihren Reisen, vor allem in Asien und Italien. Sie liebt es, draußen zu zeichnen, schnell und pointiert. So entstehen ihre Aquarelle und Skizzen, wunderbare Momentaufnahmen. In ihrem Atelier in den Königsberger Höfen entstehen weitere Werke, eher abstrakt und großformatig. 

Wie bist du zur Kunst gekommen? 

 

Brigitte Schöpf: Ich wollte eigentlich Kunst studieren. Das habe ich aber damals bei meinen Eltern nicht durchgebracht und so bin ich Innenarchitektin geworden. Während des Studiums habe ich aber natürlich viel gezeichnet und habe dort das Handwerk mit Perspektive und Bleistift gelernt. Davon war ich vom ersten Semester an ziemlich angefixt. Ich bin dann immer rumgezogen in Gräfrath und Beyenburg und hab ganz viel gezeichnet. Ich habe dabei für mich entdeckt, dass ich beim Zeichnen genau das rausarbeiten kann, was für mich wichtig ist. Beim Foto ist alles drauf und beim Zeichnen kann ich das, was mir wichtig ist, ein Detail, ein Fenster, einen Hauseingang oder Menschen, betonen. Dann habe ich angefangen, auf Reisen immer ein Skizzenbuch mitzunehmen. Zuerst habe ich mehr über die Linie gemacht, also gezeichnet, dann die Zeichnungen coloriert und später erst zaghaft, dann mehr und mehr die Aquarellmalerei mit dazugenommen.   

 

Ich bin allerdings beruflich immer sehr eingespannt. Ich habe ein eigenes Architekturbüro und war eigentlich seit Ende meines Studiums immer sehr busy. Das mit der Kunst hat sich erst in den letzten Jahren immer weiter und weiter entwickelt. Meistens male ich jetzt auf Reisen. Immer mehr. Ich mache richtige Malreisen und aquarelliere. Also alles, was ich an Aquarellen habe, ist immer unterwegs entstanden.

 

Was heißt Malreise? Fährst du dann alleine oder in der Gruppe?  

 

Das ist unterschiedlich. In Venedig habe ich zum Beispiel eine feste Gruppe, da treffen wir uns einmal im Jahr in Venedig und malen dann die ganze Woche vor Ort. Wir setzen uns dann dahin, Aquarellkasten und alles mit dabei, und dann malen wir Straßenszenen, Gondeln, Palazzi, alles was wir sehen. 

 

Ein Aquarell muss schnell entstehen, das entspricht sehr meinem Naturell. Ein Aquarellbild kann man nicht fälschen. Im Atelier entstehen keine Aquarelle, die mache ich immer vor Ort.

 

Und wenn ich alleine unterwegs bin, wie letztes Jahr in Kuba, dann habe ich Skizzenbücher, die eine Art gezeichnetes Reisetagebuch ergeben. Ich fange dann Straßenszenen ein. Die Frauen auf Kuba sind tolle Modelle, ein Traum. Oder die Männer mit ihren Zigarren im Mund. Manchmal frage ich jemanden, ob er kurz für mich stehen oder sitzen bleiben kann. Auf Kuba gibt es viele Musiker, an jeder Ecke, das war schon ziemlich toll ...  ich habe so einen kleinen Aquarellkasten, Wasser, Pinsel, alles griffbereit und dann halte ich kurz an und zeichne. Oder abends beim Tanzen, da hab ich dann nicht getanzt, sondern skizziert. Solche Sachen entstehen dann unterwegs. (Sie zeigt uns ein Skizzenbuch.)  

 

Das Reisetagebuch ist aber nur privat für dich oder kann man das auch öffentlich sehen?  

 

Ich habe schon mal überlegt, ob ich meine Skizzenbücher verlegen lasse. Aus zeitlichen Gründen habe ich das bis jetzt aber noch nicht geschafft. 

 

Neuerdings bin ich Mitglied bei den „Urban Sketchers“, eine bundesweite Gruppe von Zeichnern, die spontan draußen malt. Das „Draußen-Malen“ ist ja im Moment wieder sehr beliebt, genau wie alles von Hand zu machen ja wieder sehr gefragt ist. Wir treffen uns oder stellen online gegenseitig unsere Bilder ein. Das finde ich sehr anregend. Hier sind beispielsweise Zeichnungen aus Indien. (Sie blättert in ihrem Skizzenbuch.) Wenn ich die Zeichnungen im Nachhinein ansehe, weiß ich genau, wie die Stimmung war, wie es dort gerochen hat ... (lacht) Wenn ich sehr wenig Zeit habe, habe ich nur schwarz-weiß gezeichnet, mit Bleistift und Tusche. Und wenn ich etwas mehr Zeit habe, dann hole ich den Aquarellkasten raus. Ich zeichne auch sehr gerne Menschen, immer nach Modell, nie nach Fotos. 

 

Wenn ich nicht auf Reisen bin, male ich keine Aquarelle, sondern großformatige abstrakte Bilder. Seit vielen Jahren fahre ich nach Düsseldorf zur freien Akademie für Malerei. In letzter Zeit habe ich neue Techniken probiert, Drucke, Monotypien. Oder eben Workshops mit Figur. 

 

Aber ich glaube, ähnlich ist in allen meinen Arbeiten, dass sie ein bisschen aquarellig sind, dass die immer dieses Leichte und Schnelle haben und häufig die Linie dabei ist.  Bei meinen großformatigen Arbeiten, die im Atelier oder der Akademie entstehen, geht es nicht um ein Motiv. Das ist anders als beim Aquarell. Da ist die Vorgehensweise, Fläche, Farbe und Linie zu komponieren und dann über die Komposition immer wieder die Flächen mit der Linie zu fangen.

 

Mit welchen Farben arbeitest du dann?   

 

Das hier ist zum Beispiel Gouache. Gouache ist wasserlöslich, im Gegensatz zu Acryl. Aber schneller als Acryl. Mir persönlich ist Acryl ein bisschen zu zäh und mir entspricht Gouache mehr, weil es eine Wasserfarbe ist. Häufig lasse ich das Weiß des Papieres stehen. Genau wie beim Aquarell.




Hast Du aktuell eine Ausstellung in Planung?  

 

Ja, sie heißt „Die Neuen“. Ich bin jetzt Mitglied im BBK und es gibt unter dem Titel „Die Neuen“ eine Gruppenausstellung in der Schwarzbach-Galerie hier in Wuppertal. Ich habe dort einen ganzen Raum zur Verfügung.  

Du sagst, dass du jetzt mehr malst als früher. Heißt das, dass du beruflich als Innenarchitektin kürzer trittst?  

Nicht wirklich, ich habe nach wie vor einen Vollzeitjob als Innenarchitektin, aber in meiner Freizeit male ich ausschließlich. Aber ich hätte schon gern mehr Zeit zum Malen. Ich arbeite daran. 


"Natürlich wäre es ein Traum für mich, wenn ich mal ein Jahr lang nur reisen und malen könnte."


Und ganz den Beruf aufzugeben ist keine Option für dich?  

 

Nein, dafür liebe ich meinen Beruf auch zu sehr. Aber in meiner Entwurfsarbeit im Büro zeichne ich sehr viel. Die Vorentwürfe mache ich mit Filzstift, Buntstiften, dann verarbeiten wir die Skizzen weiter in CAD.

 

Ich war Ende Mai in Venedig auf der Architekturbiennale und da ist mir aufgefallen, dass das Skizzieren wieder sehr gefragt ist. Es lässt noch viel Raum für Fantasie, ist nicht so „fertig“ wie eine Computer-Visualisierung. Auch Materialcollagen, also etwas zum Anfassen, gibt es wieder, Architekturmodelle werden wieder gebaut. 

Ich stelle es mir sehr anstrengend vor, nur am Wochenende Zeit zum Malen zu haben. 

 

Natürlich wäre es ein Traum für mich, wenn ich mal ein Jahr lang nur reisen und malen könnte. Aber Malen empfinde ich nicht als anstrengend, im Gegenteil, es ist für mich sehr anregend. 

 

Also hast du es nicht bereut, dass deine Eltern dich damals zur Architektur gebracht haben? 

 

Nein, ich glaube nicht. Hätte ich Kunst studiert, dann hätten sich manche Sachen anders entwickelt. Vielleicht hätte ich mir dauerhaft etwas „Handfesteres“ gewünscht. Das kann ich nicht sagen. 

 

Hast du ein paar Lieblingsbilder?  

 

Schwierig, sie sind so unterschiedlich. Wenn ich mich jetzt aus den hier ausgestellten Bildern für eins entscheiden müsste, dann würde ich eines von den Aquarellen aussuchen. Das sind meine Augenblick-Geschichten.  

 

Arbeitest du viel im Atelier oder eher zu Hause?  

 

Nein, ich arbeite sogar eher wenig im Atelier. Eher in der Akademie in Düsseldorf. Und auf Reisen eben.  

 

Du nimmst auch bei der WOGA teil?  

 

Ja, an der WOGA nehme ich immer teil.  

 

Ist Wuppertal als Standort für dich okay?  

 

Ja, ich wohne hier in Wuppertal. Und hier im Atelierhaus gefällt es mir sehr. Hier sind noch weitere Künstler, da kann man sich dann ab und an mal austauschen. 

 

Bist du beim nächsten Mal auch wieder bei der WOGA dabei?  

 

Ja, auf jeden Fall.  

 

Aber man verkauft dort wohl eher weniger oder?  

 

Es kommen natürlich viele Leute vorbei, die einfach nur schauen wollen. Unser Künstlerhaus ist bei der WOGA immer sehr gut besucht, weil so viele unterschiedliche Künstler unter einem Dach sind.

 

Wie lange hast du dein Atelier hier in den Königsberger Höfen jetzt schon?  

 

Dieses Atelier hier im dritten Geschoss habe ich seit einem Jahr. Davor war ich aber schon drei Jahre in diesem Haus und habe mir ein Atelier geteilt. Ich freue mich, dass ich jetzt Mitglied im BBK bin und wir gemeinsame Ausstellungen planen. 

 

Wie lange brauchst du für ein großes Bild?  

 

Einen Abend und am nächsten Tag noch ein bisschen. 

 

Verarbeitest du deine Skizzen später nochmal als Idee oder als Motiv an anderer Stelle wieder?  

 

Nein, eigentlich nicht. Die Skizze bleibt die Skizze. Und das macht es ja auch wieder interessant. Ich habe meistens wasservermalbare Stifte, flüssiges Aquarell und mehrere Kreidestifte in der Hand. Ich kombiniere auch gerne Kreide mit Gouache. Ich mag es, wenn sich die Kreide nochmal anlöst, dann ergeben sich schöne Farbtöne. Bei mir geht es oft um das Zufällige, das sich ergibt. Das ist für mich einfach lebendig.

 

Es sind also reine Momentaufnahmen, ähnlich einer Tagebucheintragung.   

 

Ja, das stimmt. 

 

Und wie verkaufst du? Hast du eine Galerie?  

 

Nein, ich habe keine Galerie. Ich verkaufe bei den Ausstellungen oder bei der WOGA. Oder bei Freunden und Bekannten … Als ich anfing zu malen, da hat mich mal jemand gefragt, ob er das kaufen kann und da habe ich gesagt: „Nee, das ist meins!“ (lacht). Und dann habe ich gedacht, gut, an Freunde und nette Leute kann ich ja auch mal was verkaufen. Wenn ich dann weiß, wo das hängen wird und sehe, dass es dort auch gut aufgehoben ist.

 

Hast du dir noch etwas für die Zukunft vorgenommen?  

 

In Venedig auszustellen. Und ich könnte mir auch vorstellen, längere Zeit am Stück auf Malreise zu gehen. Mich faszinieren ja auch außereuropäische Länder. Kuba oder Asien. Alles, was so ein bisschen fremd ist. Mein nächstes Reiseziel ist außerdem Japan. Oder auch Peru. Da kann ich mir auch vorstellen, dass da viele schöne Farben sind.






Hast du eine Lieblingsfarbe?  

 

Nein, das kann ich nicht sagen. 

 

Du benutzt wenig Grün, wenn ich mich hier so umschaue ... 

 

Grün ist auch eine schwierige Farbe, finde ich. Wenn schon Grün, dann muss viel Schwarz mit dabei sein, sonst kann man das Grün alleine nicht aushalten. 

 

Hast du dir das Aquarellieren eigentlich selbst beigebracht? 

 

Anfangs ja, ich habe mir gleich zu Beginn des Studiums einen Aquarellkasten gekauft. Aber dann war mir das zu wenig und ich habe viele unterschiedliche Kurse besucht. Als ich einmal auf einer Reise auf Mykonos war, habe ich Galerien mit Aquarellen von Gassen und Straßenszenen in wunderschönen Farben gesehen, ganz locker gemalt. Das fand ich so toll und habe gesagt: „Das will ich auch!“ Und seitdem arbeite ich daran.     

 

Auf Leinwand malst du also gar nicht?   

 

Schon allein aus Platzgründen eher selten. Aber ich probiere vieles aus, verwende verschiedene Materialien, mache Collagen. Da ich ja recht schnell arbeite, probiere ich die unterschiedlichsten Techniken aus und kombiniere oft. Ich mag es auch sehr, mit der weißen Fläche zu spielen und mit Linien dann verschiedene Räume einzufangen. Das ist schon alles sehr, sehr vielfältig ... Schon allein deshalb wünsche ich mir dafür mehr Zeit ... 

 

 

Zur Person

Brigitte Schöpf  - Jahrgang 1958  -  geb. in Grabsberg  -   Studium der Innenarchitektur, GHS Wuppertal  -   Innenarchitektin und Straßenmalerin  - Mitglied im BBK  -  lebt und arbeitet in Wuppertal  

 

www.brigitteschoepf.de


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